eine gesamtdeutsche stimme, geboren in hoywoy, oder: gerhard gundermanns vermächtnis

alle oder keiner...

gerhard gundermann ist mit sicherheit einer der wichtigsten liedermacher gesamtdeutschlands, einer, der nie verleugnete, dem volk im osten deutschlands zu entstammen und der dennoch in seinen texten gesamtdeutschland mit weisheit emporhebt. sein "feindbild", wenn er denn eines hat, ist daher ein gesamtdeutsches und gut nachzuvollziehen, und gerade jetzt aktueller denn je:  die gierigen bruderbetrüger, die machthungrigen rudelgrossklappen, die rücksichtslosen profitgeier. auf alle fälle war gundermann politisch. seine texte beinhalten jedoch auch ganzheitlich wirkende wahrheiten, welche einer allein kaum instande ist, diese im laufe seines lebens zu sammeln. und er schenkt sie uns, mit seinen liedern. so war er auch in erster linie kein schwarzmaler, sondern optimist und ein wunderbar poetischer "minnebarde" und verfechter der guten charakterzüge im menschen....

 

Gerhard Gundermann
Bundesarchiv Bild 183-1989-1114-007, Cottbus, Liedermacher Gerhard Gundermann

genau auf diese texten und lieder sei heute mein fokus gerichtet. ich finde, sie sollten wie goethes vermächtnis zumindest einmal unsere gedanken streifen dürfen.. (also aufgemerkt , ihr kultusminister) mit seiner band "seilschaft" komponierte und erspielte gundermann ausserdem wunderbare melodische hymnen der richtigen zwischenmenschlichkeit. vielleicht gelingt es mir mit diesem eintrag für den wichtigen texter und songwriter bei dem einen oder anderen eine lanze zu brechen....

 

herzlich willkommen in der welt des gerhard gundermann

 

wohl eines der poetischsten lieder ist sein lied über linda, welches ich nun in text und danach in ton vorführen werde, gesungen vom grossen kleinen höchstselbst.

 

Linda
   
Komp. Gerhard Gundermann
Text: Gerhard Gundermann

Du bist in mein Herz gefalln ,
wie in ein verlassenes Haus,
hast die Türen und Fenster weit aufgerissen,
das Licht kam rein und raus.
 
Ich hatte doch schon meinen Frieden,
aber du bist so ne laute Braut,
du hast mich wieder ausgeschnitten,
aus meiner dicken Haut.

Jetzt kommen die fetten Tage Linda,
 wir ham so lange auf dich gespart,
was solln  wir euch sagen, Kinder,
die Alten sind noch mal am Start.

Ich wusste wie die Kugel rollt
und war nicht mehr interessiert,
wenn der Sensenmann mich abgeholt,
hätte ich mich nicht geziert.
 
Meine Pistole war geladen
mit dem allerletzten Schuss,
ich hab sie unterm Kirschbaum vergraben,
weil ich doch hier bleiben muss.
 
Du bist in mein Herz gefalln ,
wie in ein verlassenes Haus,
hast die Türen und Fenster weit aufgerissen,
das Licht kam rein und raus.
 
Ach, ich dachte ich finde nie mehr
heim ins Weihnachtsland,
vielleicht kannst du mein Lotse sein,
halt mich an deiner Hand.
 
Jetzt kommen die fetten Tage Linda ...

 

Und willst du reich sein dann liebe dir ein Kind, doch lass es weich sein, so butterweich sein, wie deine Alten nie gewesen sind...

 

gundermann versteht es, in seinen texten mit klaren bildern genau das anzusprechen, was wir erst in ein wortgefüge formen wollen. er spricht die dinge beim namen an. seine klare poetische sprache ist entwaffnend und faszinierend zugleich. wenn er zum beispiel vom kleinen vögelchen in des fotografen hand singt (im video weiter unten), sehe ich mich mit der schulklasse vor der polytechnischen oberschule obhausen stehen, dem fotografen gegenüber. auf der eingangstreppe wurden schon meine onkels und tanten fotografiert, meine späteren lehrer gingen hier zur schule, lange, bevor ich das ehemalige zur schule umgebaute gutshaus mit der zuckertüte betrat.

 

gundermann beschreibt die feinen bande der einfachen leute wunderbar, besonders diese zwischen den generationen, wie beim nächsten stück, entnommen dem album "engel über dem revier". für die neugierigen gibt es nun wiederrum den text zum lesen und die musik zum hören...

 

Und musst du weinen
   
Komp. Gerhard Gundermann
Text: Gerhard Gundermann   
 
Und wenn der Alte geht,
dann kriegste seine Werkzeugtasche,
die blanke Schienenzange und die Thermosflasche.
 
Und musst du weinen,
dann liebe einen Mann,
doch liebe keinen, doch liebe keinen,
doch liebe keinen von der Eisenbahn.
 
Und wenn die Alte geht,
dann kriegste ihre Badewanne,
die Fingernagelbürste und die Fliederteekanne.
 
Und musst du weinen,
dann liebe eine Frau,
doch liebe keine, doch liebe keine,
doch liebe keine ausm Tagebau.
 
Die haben harte Hände und ein hartes Herz,
die streiten ohne Ende und die sterben früh. 
Die suchen ein Vergnügen und finden nur den Schmerz.
Die können lügen, aber leben können die nie.
Verbrenn die armen Träume,
reiß das Häuschen nieder,
verkauf das Holz der Bäume und den Duft vom Flieder.
 
Und willst du reich sein dann liebe dir ein Kind,
doch lass es weich sein,
so butterweich sein,
wie deine Alten nie gewesen sind.
 
Die haben harte Hände . . .

 

"Alle sagen, irgendwann kommt schon Licht am Ende des Tunnels. Ich fürchte, das ist der Scheinwerfer von einem Zug, der uns entgegen kommt." gerhard gundermann

 

nun kommt noch das vögelchen, eines meiner lieblingslieder, welches ich auch eingangs erwähnte. auch typisch für den "rockpoeten": die einheit von text und musik, dies war ihm sehr wichtig. gundermann war ein workaholik: tagsüber fuhr er schichten als baggerfahrer in den braunkohletagebauen rings um hoyerswerda, um nach der schicht noch zb. nach halle zu fahren, wo er dann inmitten seiner band mitunter drei bis vier stunden ein konzert feierte, nach dem abbau  der instrumente ging es erst früh nach hause und dann gleich wieder zur schicht.

 

zwischendurch schrieb er sogar nicht nur lieder für sich, sondern auch für die sehr bekannte band um die ebenfalls grossartige tamara danz "silly". und wenn das nicht reichte, schob er noch phílosophische soloauftritte dazwischen. am 21. juni 1998 starb gundermann 43 jährig an hirnschlag. seine lieder und gedanken dürfen und werden dieses schicksal nicht teilen... einige musiker haben seine lieder aufgegriffen und touren nun schon seit mehreren jahren erfolgreich durch die lande. sogar holländische künstler haben diese textemittlerweile für sich entdeckt, übersetzt und verbreiten sie somit auch bei unseren nachbarn. vielleicht hilft es, ideen zu finden für eine bessere welt... denn wie in der überschrift zu diesem absatz zu erkennen ist, die jetzige kann nicht so bleiben...

 

Dickes Ende

Text: Gerhard Gundermann
 
Und wenn ich nicht mehr rennen kann,
da kann ich noch n  bissel gehn.
Und wenn ich nicht mehr gehen kann,
will ich hier noch n  bissel rumstehn.
Wenn ich nicht mehr stehen kann,
da schaffe ich es noch zu kriechen.
Und wenn ich nicht mehr liegen kann,
dann fang ich eben wieder an zu fliegen.
 
Alles hat ein Ende
und das Ende
das ist offen
nur die allzu vollen Hände
die können auf gar nichts mehr hoffen

 

Gerhard Gundermann - vögelchen

 

den schluss bildet nun ein mal politisches lied, welches treffender nicht sein kann: versöhnlich, aber bestimmt. danke für die aufmerksamkeit. sehr viel finden die neugierigen nun hier und hier im buschfunk-verlag, welcher auch seine lieder vertreibt.

 

ich mache meinen frieden

 

Ich mache meinen Frieden
   
Komp. Gerhard Gundermann / Michael Naß
Text: Gerhard Gundermann
   
Ich mache meinen Frieden,
mit dir du großer Gott,
ich nehm was du mir bieten kannst,
Leben oder Tod.
Ich will mich nicht mehr drängeln
und will mich nicht verpissen,
und wer mich angeschissen hat,
will ich auch nicht mehr wissen.

So fülle meinen Becher,
ich trink ihn aus bis zur Neige,
nun gib mir schon mein Kreuz - oder eine Geige.
Ich mache meinen Frieden,
mit dir, du kleine Mücke,
du kannst mich ruhig picken,
ich werd dich nicht zerdrücken,
du kannst mich ruhig stechen,
ich werd dich nicht schlagen,
du musst mir nur versprechen
es deinen Kumpels nicht zu sagen.

Nun hau schon deinen Spund rein und lass uns einen heben,
ich fülle auf mit Rotwein, so könn wir beide leben.
 
Ich mache meinen Frieden mit allen de Idioten,
die diese Welt behüten wolln, mit ihren linken Pfoten,
mit jedem Samurai, mit jedem Kamikaze,
mit jedem grünen Landei und auch mit jeder Glatze,
die diese Welt nicht bessern können, aber möchten,
mit viel zu kurzen Messern in viel zu langen Nächten.

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